Leoluca Orlando

25.01.2020

Leoluca Orlando im Gespräch

Stargast der Tagung der Petra-Kelly-Stiftung und AGABY war Leoluca Orlando, Bürgermeister von Palermo. Er ist zum Symbolfigur des Kampfes gegen die Mafia und gegen Rassismus in Italien geworden, er hat zahlreiche Menschenrechtspreise erhalten und einige Bücher veröffentlicht. In seiner "Charta von Palermo" (2015) besteht er darauf, dass die Freizügigkeit ein Menschenrecht ist.

"Ohne Vision gibt es keine Zukunft!", fing er seinen Vortrag auf Deutsch an (er studierte in Heidelberg Jura). "Unsere Vision in Palermo ist: Ich bin ein Mensch (und kein Individuum). Alle sind Menschen. Wir sind eine Gemeinde (und keine geschlossene Gruppe)." Es mache keinen Unterschied, wer wo geboren ist. Er wolle nicht eine "gute Kopie" von Salvini sein, sondern ein schlechtes Original gegen Salvini. Wenn es um Menschenrechte geht, spielen die Staaten keine Rolle mehr; man brauche die Kommunen und die EU. 

Identität ist eine freie Entscheidung und darf nichts mit dem Blut der Eltern in Verbindung gebracht werden. Heimat ist auch eine freie Entscheidung und hat wenig damit zu tun, wo man geboren wurde. "Wir müssen uns bei den Migrant*innen bedanken, weil wir jetzt einen neuen Begriff von der Freiheit haben, der nichts mehr mit Blut zu tun hat. Die Migrant*innen laden uns dazu ein, unsere eigenen Menschenrechte einzufordern. Salvini ist in diesem Sinne nicht gegen Migrant*innen, sondern gegen die Italiener*innen."

In Palermo gilt: "Wir integrieren nicht, wir leben zusammen." Die gewählte Vertretung der Migrant*innen ist nicht für die Vertretung der eigenen Gruppe verantwortlich, sie hat Mitspracherecht in allen Bereichen der Stadtpolitik. 

"Internationale Mobilität ist ein Menschenrecht. Wir sind für die Abschaffung der Aufenthaltserlaubnisse, denn sie sind das Symbol für eine neue Sklaverei."

Er hat trotz der italienischen Gesetzgebung allen Migrant*innen einen festen Wohnsitz in Palermo gegeben. Salvini wollte eine Armee nach Palermo schicken, inzwischen folgen die meisten italienischen Bürgermeister*innen seinem Beispiel. Er hat Briefe von Migrant*innen bekommen: "Danke, ich darf endlich Steuer zahlen."

Palermo sei heute die sicherste Stadt Italiens. Die Migrant*innen rufen ihn an, wenn Verbrecher in die Stadt kommen, denn sie verteidigen die eigene Stadt, bevor sie die eigene Community verteidigen. Sicherheit entsteht durch die Gewährung von Menschenrechten.

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