Ich hatte, mit meiner Frau zusammen, die Ehre, als Mitglied der Kemptener Delegation die Feierlichkeiten und die damit verbundenen Konferenzen zum 30. Jahrestag des Paneuropäischen Picknicks in meiner Geburtststadt Sopron mitzuerleben.
Die zentrale Feier fand im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes in der Evangelischen Kirche in Sopron statt. Ministerpräsident Viktor Orbán und Bundeskanzlerin Angela Merkel hielten die Festansprachen. Viktor Orbán lobte anfangs in einem überschwänglichen Ton die Kanzlerin und betonte, dass die europäische Bindung der Ungarn sehr stark ausgeprägt ist. In seinen Augen sollten die Nationalstaaten und die 2004 beigetretenen Ländern eine bestimmendere Rolle in der EU bekommen. Angela Merkel ging ausführlich auf die Ereignisse vor 30 Jahren ein und auf ihre persönlichen Gefühle, die diese bei ihr auslösten. Mit Dankbarkeit erinnerte sie sich an die Geschehnisse in Ungarn, in Polen, in Prag, in den baltischen Staaten und verglich die Situation der damals Geflüchteten mit den heutigen Schutzsuchenden. Sie betonte, wie wichtig es heute ist, sich für die gemeinsamen Interessen Europas einzusetzen. In den Beiträgen von Jugendlichen wurde auf die Situation der Geflüchteten von heute genauso eingegangen wie auf den Wunsch, ein christliches Europa haben zu wollen. Der Gottesdienst wurde u.a. von Kardinal Dr Péter Erdö, Primas und Erzbischof von Esztergom und vom evangelischen Bischof Péter Kondor gestaltet.
An den beiden Tagen vor der zentralen Feier fanden im Liszt-Kulturzentrum zwei Konferenzen statt. Im Zentrum der ersten Veranstaltung standen Zeitzeugen und interessierte Jugendliche. Es ging auch um das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit, um den richtigen Umgang miteinander innerhalb der EU, aber auch darum, ob es zwischen den Geflüchteten damals und heute Unterschiede gibt.
Der zweite Tag der Konferenz über das Paneuropäische Picknick trug den Titel "Tor nach Europa". Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte in einer Videobotschaft die historische Leistung der Ungarn 1989. Prof. Dr. Horst Teltschik betonte, dass wir die Visegrád-Gruppe als Motor der europäischen Integration brauchen. Georg von Habsburg empfahl, weiter am Abbau der Grenzen zu arbeiten. Prof. Andreas Rödder erklärte, dass wir heute enttäuscht sein müssen, wenn wir die seit 1989 erreichten Ergebnisse nur mit den damaligen Erwartungen vergleichen. Interessant war die Aussage, dass damals die Flüchtlinge nichts aufhalten konnte. Zoltán Balog sagte in bezug auf die Kádár-Zeit und die Orbán-Ära, dass man die Begriffe Diktatur und autoritäres System oft verkehrt verwenden würde.
Eine besondere Freude war für mich, Árpád Bella wiederzusehen : Er war der befehlshabende Offizier am 19. August 1989, der ein großer Held wurde dadurch, dass er im entscheidenden Moment nichts tat. Ihm ist es zu verdanken, dass wir heute einen positiven Wendepunkt der europäischen Geschichte feiern und nicht um die Toten eines sinnlosen Blutvergießens trauern.
Schließlich gaben die Leipziger und Soproner Symphoniker ein fulminantes Gemeinschaftskonzert im Felsentheater in Fertörákos: Ein würdiger und krönender Abschluss der Feierlichkeiten.