Bürgerreise

04.-08.09.2019

Bürgerreise nach Sopron

Ein Bericht von Gaby Heilinger:

Im Hotel Sopron, wenige Schritte vom Herzen unserer ungarischen Partnerstadt und mit einem einmaligen Blick auf den historischen Stadtkern, verbrachten interessierte Kemptener*innen, im Rahmen der diesjährigen Bürgerreise nach Sopron, fünf herrliche Spätsommertage. 

Lajos Fischer, Vorstandsmitglied des Städtepartnerschaftsvereins und zuständig für seine Heimatstadt Sopron, begleitete zusammen mit seiner Frau Johanna die 30-köpfige Reisegruppe. Höchst kompetent, humorvoll und unermüdlich brachte er den TeilnehmerInnen dieses wunderbare Land Ungarn nahe. Er vermittelte ihnen Einblicke in die verschiedenen Zeitepochen, erklärte die Lebensweise der Ungarn, die Entwicklung der Wirtschaft und sparte auch nicht mit Kritik an Orbán und dem gesellschaftlichen und politischen System. Ob Politik, Kultur, Geschichte, es gab kein Thema, zu dem er sich auch nicht bis ins Kleinste auskannte. „Lajos ist eine unerschöpfliche Quelle von wissenswerten Details zu aber auch allen Themen“, war der einstimmige Kommentar der Reisenden. 

Der Freundschaftskreis der Partnerstädte hatte ein vielseitiges Programm sehr strukturiert vorbereitet. Nach dem überaus herzlichen Empfang im Rathaus, bei dem deutlich zu spüren war, wie wichtig den Sopronern die Begegnung von Angela Merkel mit Viktor Orbán anlässlich des kürzlich gefeierten 30-jährigen Jubiläums des Paneuropäischen Picknicks war, folgte eine sehr interessante Stadtführung, in deren Rahmen man neben touristischen Sehenswürdigkeiten wie Feuerturm, Ziegenkiche usw. auch die ev. Kirche besichtigte, in der Merkel und Orbán ihre Ansprachen hielten und der Gottesdienst anlässlich des historischen Ereignisses zelebriert wurde. 

Sehr beeindruckend war das Schloss der Familie Széchenyi in Nagycenk, das zwischen 1741 und 1750 gebaut wurde und der damalige Rückzugsort des „größten Ungarn“ war: Graf István Széchenyi. Hier befindet sich heute die Ausstellung des neu überarbeiteten und gut konzipierten Széchenyi- István -Gedenkmuseums. 

Später hatte die Gruppe die Möglichkeit, das Schloss der Eszterházys mit dem der Széchenyis zu vergleichen. Hier, bei den Eszerházys begeisterte besonders die Außenanlage mit der wunderbaren Parkanlage.

Ausgesprochen nachdenklich und emotional wurden alle Reisenden bei dem Besuch der Gedenkstätte des Paneuropäischen Picknicks. Dieses geschichtsträchtige Picknick und der Grenzdurchbruch wurden zu Sinnbildern der Wiedervereinigung Europas. Der Schauplatz dieses historischen Ereignisses ist heute ein bevorzugter Zielpunkt von Touristen, eine Pilgerstätte einstiger ostdeutscher Flüchtlinge und ihrer Verwandten. Da der Paneuropäische Picknick - Gedenkpark eine bedeutende Rolle in der Geschichte Europas bzw. in der der Europäischen Union gespielt hatte, wurde ihm 2015 das Europäische Kulturerbe-Siegel verliehen. 

Ein weiterer Höhepunkt der Reise war ein Tagesausflug nach Visegrád und Szentendre am Donauknie. Die Burg in Visegrád, hoch oben über der Stadt liegend, ermöglichte allen einen wunderbaren Ausblick ins Donautal, vermittelte aber auch einen geschichtlichen Einblick. Lajos Fischer wies darauf hin, dass sich in Visegrád am 15.2.1991 die sogenannten Visegrád-Staaten Polen, Tschechoslowakei und Ungarn, zu einem Bündnis zusammenschlossen. Aber bereits 1335 trafen sich hier die ungarischen, böhmischen und polnischen Könige zu wirtschaftlich-politischen Verhandlungen.

Der malerische kleine Ort Szentendre, fast 2000 Jahre alt und herrlich an der Donau gelegen, erinnert an das Ungarn, das man durch Filme, Bücher und Erzählungen vor Augen hat. Es ist ein gemütlicher, zu Ruhe und Besinnung einladender Ort, gleichzeitig aber verbunden mit einmaligen, mit ungarischem Kunst- und handgefertigtem Kulturgut gefüllten Läden, an denen man einfach nicht vorübergehen kann. Enge Gassen mit Kopfsteinpflaster führen zu den Museen, Galerien und gemütlichen Cafés.

Der Heimweg an diesem ereignisreichen Tag führte sogar über die Hauptstadt Budapest, zu der Lajos Fischer auch wieder politisch kompetent, historisch strukturiert und ausgesprochen ortskundig informierte.

In die Reihe der Programmhöhepunkte gehört auch die Besichtigung des Liszt-Geburtshauses in Raiding. Hier erlebten alle eine beeindruckende Führung durch Ferenc Liszts Leben, die mit seiner „Ungarischen Sinfonie“ im akustisch hochrangigen Saal des nebenan errichteten Konzerthauses endete. 

Als großes musikalisches Highlight der Reise bezeichneten die Reisenden Liszts „Liebestraum“ und Werke von Bedrich Smetana, dargeboten von dem phantastischen Streichquartett „Vespa“ unter der Leitung von Péter Kóczán. Um den besonderen Wunsch seines Freundes Lajos Fischer zu erfüllen, fand dieses Konzert speziell für die Teilnehmer*innen der Reisegruppe am frühen Vormittag im Liszt-Kulturhaus statt. Danach gab es die Gelegenheit, ebenfalls im Liszt Kulturhaus, eine äußerst interessante, zur Nachdenklichkeit anregende Ausstellung über Bilder und Skulpturen anzuschauen, die von zwei bedeutenden Bildhauern erschaffen wurden. Einer von ihnen, Miklós Melocco, erschuf das berühmte Denkmal des Paneuropäischen Picknicks.  

Kulinarisch gesehen war die Reise nach Ungarn, wie kann es anders sein, natürlich auch ein Hochgenuss. Wunderbare typisch ungarische Abendessen, verbunden mit ausgiebiger Weinprobe, dazu bei angenehmen Temperaturen im Garten der Restaurants sitzend, rundeten die erlebnisreichen, wunderbaren Tage ab. Die Menge der Portionen verschlug dem Einen oder Anderen die Sprache. Alles war äußerst schmackhaft zubereitet. Im Rahmen des Abschied-Abendessens berichtete ein „Ponzichter“ in Liedern und Geschichten über das Leben dieser früheren „Bohnenzüchter“, die als Weinbauern zwischen die Reben auch Bohnen pflanzten, was ebenfalls zu ihrem Lebensunterhalt beitrug. Heutzutage wird ausschließlich intensiv und erfolgreich Weinbau betrieben, von dem der herrliche Wein in Sopron zeugt. 

„Ungarn ist eine Reise wert“, darin waren sich alle Reisenden einig, „und in fünf Jahren sind wir wieder dabei.“ 
Anm.: Kempten hat 5 Partnerstädte, und jedes Jahr geht die Bürgerreise in eine andere Stadt. 

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