Wabi sabi

Wabi sabi

"Literatur ist meine Religion. Von ihr habe ich gelernt, dass niemand ohne Fehler, dass kein Mensch perfekt ist. Doch ich habe auch gelernt, dass wir die Gabe haben, gut zu sein, dass wir nicht erst perfekt sein müssen, um zu tun, was richtig und gerecht ist."  
Chimamanda Ngozi Adichie, 2018

Das Prinzip der Wabi sabi habe ich auf einer Studienreise in Japan kennengelernt. Ich war davon gleich begeistert.

Wabi sabi ist eine besondere Sichtweise auf die Welt und auf uns selber, die die Schönheit im Unvollkommenen und deswegen Einzigartigen erkennt.

Es ist wichtig und oft lebensnotwendig, dass beispielsweise ein Ingenieur oder ein Arzt versucht, seine Arbeit perfekt zu machen. 
Ich habe jedoch in meiner pädagogischen Arbeit gesehen, welche katastrophale Auswirkungen Perfektionismus in menschlichen Beziehungen anrichten kann.  
Eine perfekt vorbereitete Stunde eines Lehrers - ich spreche aus Erfahrung - gehört meistens nicht zu den gelungensten. Wer mit Menschen arbeitet, muss sich immer auf etwas Unerwartetes eingestellt sein, offen und flexibel bleiben. Viele der schönsten Lebensmomente, der wunderbarsten Innovationen entstehen, wenn etwas Geplantes schief geht. Deswegen ist jedes Live-Konzert oder jede Theateraufführung etwas Einzigartiges und Schönes. 

So ist es auch in der Politik: Für die Verbesserung der Lebensbedingungen braucht man Planung und Fachwissen, aber auch Experimentierfreude sowie tabu- und barrierefreies Denken. Und es gelingt nicht immer alles! Aber manchmal haben wir ein Ergebnis, das keine*r erwartet hätte, jedoch alle Erwartungen übertrifft! 

Ich kann mich freuen, wenn wir Menschen unsere Ideen gemeinsam ausprobieren und dabei manche Fortschritte erzielen. Ein ausgeglichenes Leben, eine Art innerer Frieden in der Gemeinschaft ist nur dann möglich, wenn man sich über kleine Erfolge freut und aus Misserfolgen lernt. Das Leben ist gerade deswegen so schön, weil wir dessen Tiefen und Höhen gemeinsam erleben dürfen. Zu meinen schönsten Erinnerungen gehören Situationen, in denen ich aus vollem Herzen über mich lachen konnte, weil ich gerade eben irgendetwas "vergeigt" habe. Die Momente des Unvollkommenseins sind authentisch,  wertvoll und vor allem sehr menschlich.
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